Dr. Hanskurt Bauer

Ein Leben für die Kolposkopie

Dr. Hanskurt Bauer 1917-2005

Dr. Hanskurt Bauer 1917-2005

Dr. Hanskurt Bauer ist am 21.Juli 2005 im Alter von 88 Jahren in Wiesbaden verstorben. Er war Gründer und Ehrenmitglied der AG Zervixpathologie und Kolposkopie und hat deren Arbeit bis zuletzt begleitet.

Hanskurt Bauer wurde am 11.Juni 1917 als Sohn eines Apothekers in Kamenz in der Lausitz (Sachsen) geboren. Nach Studienjahren in Jena, Halle, München und Graz schloss er sein Studium mit Approbation und Promotion in Rostock ab. Unmittelbar nach dem Studium und seiner Eheschliessung folgte der direkte Einsatz als Truppenarzt an der Ostfront. Seine Frau und die 1943 geborene erste Tochter sah er anlässlich seines letzten Fronturlaubes 1943 ein letztes Mal, bevor er aus vierjähriger entbehrungsreicher sowjetischer Gefangenschaft erst 1948 nach Rostock zurückkehrte. Hanskurt Bauer hat sich diese furchtbaren Erinnerungen an Krieg und Gefangenschaft gewissermaßen von der Seele geschrieben und unter dem Titel „Bis zum bitteren Ende“ im Eigenverlag veröffentlicht. Sicher auch unter dem Eindruck der immer deutlicher werdenden Ost-West-Konfrontation wechselte die Familie 1948 den Wohnsitz nach Wiesbaden. Dieser Stadt blieb er von der Facharztausbildung über die Niederlassung als Frauenarzt bis zu seinem Tod treu.

Wiesbaden war es auch wo er 1959 seinen ersten Vortrag zur Kolposkopie hielt und wo er 1972 gemeinsam mit anderen engagierten Kolleginnen und Kollegen die AG Cervix uteri gründete, die später in AG Zervixpathologie und Kolposkopie umbenannt wurde.

Kolposkopie und Früherfassung des Gebärmutterhalskrebses haben sein berufliches Leben bestimmt. Kompromisslos und beharrlich fühlte er sich dieser Aufgabe verpflichtet. Zuwendung und Zeit für Freunde und sogar die Familie traten dabei oft in den Hintergrund. Rückschläge im Bemühen, die Kolposkopie im primären Screening zu etablieren, wurden von ihm als persönliche Niederlage empfunden und mit Verbitterung quittiert, die in Diskussionen immer wieder zum Ausdruck kam. Umso grösser seine Genugtuung, als mit der Münchner Nomenklatur II die Kolposkopie endlich im sekundären Screening ihren anerkannten Platz fand.Wie überhaupt die zunehmende Einbindung „seiner“ AG in europäische Gesellschaften (European Federation of Colposcopy) und die Weltdachgesellschaft der IFCPC in den letzten Jahren für ihn eine späte Anerkennung und erfolgreiche Fortsetzung seines Lebenswerkes bedeutete. Mit grosser Genugtuung hat er die Aufwertung der Kolposkopie im Zusammenhang mit den Erkenntnissen der HPV-Forschung erlebt. Seine engagierte Arbeit wurde oft im Ausland frühzeitiger wahrgenommen und geehrt als im eigenen Land. So verlieh ihm die Universität Krakau mit der Kopernikus-Medaille ihre höchste Auszeichnung. Dr. Hanskurt Bauer ist Ehrenmitglied der Fachgesellschaften in Polen, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Bulgarien, Tschechien und Kolumbien. Sein Farbatlas der Kolposkopie, erstmalig 1976 erschienen, hat immer wieder ergänzt und aktualisiert, inzwischen in 5. Auflage und übersetzt in 5 Sprachen, weltweite Verbreitung gefunden. Neben den bekannten Wiesbadener Kolposkopiekursen, gab es kaum eine grössere Weiterbildungsveranstaltung des Berufsverbandes oder der Regionalen Fachgesellschaften, auf der er nicht mit Vorträgen, Seminaren oder Kursen vertreten war.

Alle diese Leistungen erfolgten zusätzlich zu seiner gut frequentierten Kassenarztpraxis, vielleicht lag gerade darin die besondere Glaubwürdigkeit seiner Wissensvermittlung. Als hochverdiente Anerkennung dieser Aktivitäten auf dem Gebiet der ärztlichen Fortbildung wurde ihm die Ernst von Bergmann Plakette verliehen.

Nach dem frühen Tod seiner geliebten Frau 1984 war es für ihn nicht leicht, immer wiederkehrende Phasen der Trauer und Resignation zu überwinden. Dabei halfen ihm vor allem auch treue Weggefährten und Freunde aus der Arbeitsgemeinschaft, wie M. Hilgarth, G. Herbeck und andere. Mit verständlicher besonderer Freude hat er 1989 die Wiedervereinigung erlebt. Zurück an die Stätten seiner Kindheit und Jugend, in Sachsen und Mecklenburg, dort wo er sein Studium beendete, seine Frau kennengelernt hatte und seine erste Tochter geboren wurde, zurück aber auch zu den Orten, an denen seine fachlichen Vorbilder Robert Ganse in Dresden oder Gustav Mestwerdt in Greifswald gewirkt hatten. Es folgte eine Zeit vieler neuer Freundschaften und Kontakte, vor allem nun endlich auch ins osteuropäische Ausland, wo seine Arbeit seit langem bekannt war. 1997 anlässlich seines 80.Geburtstages wurde er auf einer Jahrestagung der AG in Stralsund von den zahlreichen in- und ausländischen Teilnehmern gefeiert. Noch im Jahr 2004 nahm er an der 120. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Rostock, seiner Universitätsstadt mit verständlichen Emotionen teil.

Seit Beendigung seiner Tätigkeit als niedergelassener Gynäkologe blieb mehr Freizeit auf dem Tennisplatz oder für Fernreisen in das von ihm besonders bevorzugte Südafrika, vielleicht auch weil es dort langjährige Freunde in Sachen Zervixpathologie gab. So erscheint mir im Rückblick das Leben von Hk. Bauer, trotz der verlorenen Jugendjahre, doch als in besonderem Maße erfüllt und erfolgreich. Unsere Aufgabe muss es sein, sein fachliches Vermächtnis weiterzutragen, das Andenken an ihn wachzuhalten und seine Visionen weiterzuentwickeln. Der von ihm hinterlassene Bilderfundus kolposkopischer Verlaufsbeobachtungen, über zum Teil mehr als 20 Jahre, wird noch viele Jahre über seinen Tod hinaus Kolposkopiekurse bereichern. Ich denke,dass unser Kollege und Freund Hanskurt Bauer auch in der Wahrnehmung dieser Gewissheit am 21.Juli 2005 friedlich eingeschlafen ist.

Prof. Jürgen Heinrich, Schabernack 1, 18574 Garz
Past President der AG Zervixpathologie und Kolposkopie, 2005